Blake MOSES4

Guru Tattwa

Das Wort ‚Religion’ ist ein westlicher Begriff. Das östliche Wort dafür lautet Dharma und bedeutet sinngemäß Pflicht oder Ethik. Die Urmeister inkarnierten in dieser Welt um den Menschen das Dharma, also ihre Pflicht zu lehren und sie aufzufordern, aufrichtig ihrem Schöpfer zu danken und seine Namen zu ehren. Das Dharma der Meister war es den Menschen Gott und seine Kraft näher zu bringen. Religion oder Dharma ist gleichzeitig die innerste Natur der Evolution und die Sehnsucht des Menschen nach Vollkommenheit.

Wenn es nur einen Gott gibt, so kann es in diesem Sinne auch nur eine einzige Religion geben, nämlich die Religion dieses einen Gottes.
Vishwa Nirmala Dharma, eine ‚universelle reine Religion’ bedeutet die spirituelle Erfahrung der Vereinigung des Individuums mit dem universellen Geist. Um das zu verstehen, muss der unvollkommene Mensch die Erleuchtung erlangen und sein innerstes Selbst erkennen. Der Wassertropfen, die individuelle Seele muss zum Ozean werden und mit dem Göttlichen verschmelzen. Dabei ist es ohne Bedeutung, welche Hautfarbe ein Mensch hat oder in welcher Kultur oder Religion er geboren wurde. Letztlich ist es bei jedem Menschen die gleiche Erfahrung.

Auf seinem Weg durch das Void, die Welt der Illusion, wird der Sucher zur Überzeugung kommen, dass ihn sein Intellekt, seine Erziehung und all sein weltliches Wissen ohne die beständige innere Anleitung durch einen echten Meister in Dunkelheit und Selbsttäuschung führen. Ein wahrer Meister ist das höchste spirituelle Licht, welches den Sucher aus der Dunkelheit von Ignoranz und Nichtwissen heraus führt. Ohne spirituellen Führer wird er sich wie ein Weisenkind in der Wildnis fühlen. In Indien wird der spirituelle Meister als ‚Guru’ bezeichnet. Meist kamen die Urmeister als Propheten und schritten, nachdem sie ihre Erleuchtung erlangt hatten, den verschiedenen Kulturen mit vollkommenem Vertrauen und völliger Hingabe kühn voran, um das Meisterprinzip in den Menschen zu erwecken.

Spiritualität ist eine innere, evolutionäre Qualität, welche durch Beharrlichkeit auf dem schwierigen Weg zur vollkommenen Selbstverwirklichung erreicht wird. Damit wird klar, dass das Bemühen um die Erleuchtung durch Entzündung einer äußeren Quelle (z.B. Bücherwissen) nicht von Erfolg gekrönt sein kann, solange nicht das Licht des Vertrauens und der Hingabe im Void entflammt und das eigene Meisterprinzip etabliert ist. Keine noch so große Anstrengung durch rationales Lernen kann den Sucher auf die höchste spirituelle Erfahrung vorbereiten. Während das Wissen eine Leistung des Verstandes ist, ist Weisheit eine Qualität, welche der Seele zuzurechnen ist.


Es gibt zwei Arten der Schulung: durch das innere Meisterprinzip, wie es in jedem von uns angelegt ist und durch den heiligen, frommen Lehrer, welcher dem Schüler notwendige Lektionen erteilt und ihm die richtige Richtung weist, wobei die Meister-Schüler Beziehung in den alten Schriften als die höchste Entwicklungsmöglichkeit angesehen wird. Um einen selbstverwirklichten Meister zu finden, muss der Schüler jedoch zuerst sein eigenes inneres Licht der Bereitschaft entzünden und so seinen Gehorsam signalisieren, welchen er für den Lehrer und dessen Lehre aufbringt. Der Guru ist zwar der Führer, aber letztlich ist es immer der Schüler, welcher den spirituellen Pfad gehen muss. Er muss die Anstrengungen des Weges gemäß seinen eigenen Fähigkeiten auf sich nehmen und sich bewusst werden, dass nur die Verwirklichung seiner höheren Natur, seines Selbst, die spirituellen Früchte und den universellen Segen bringt.

Keiner der Propheten oder Meister hat sein spirituelles Wissen an einer Universität oder Schule erlangt. Wenn die Universitäten Weisheit und Spiritualität lehren könnten, dann wäre die Welt eine andere Welt. Nachdem sie einen Weg gefunden hatten, um sich mit der alles durchdringenden Kraft der göttlichen Liebe zu verbinden, konnten diese Meister die tiefen Ursachen dessen, was sie beobachteten, verstehen. Die Urmeister hatten ihr Bewusstsein mit der alles durchdringenden, göttlichen Kraft in Einklang gebracht. Sie fühlten die kosmischen Vibrationen und konnten so ohne nachzudenken oder zu theoretisieren direkt die Nachricht des Göttlichen empfangen und ihren Anhängern die Gesetze der Spiritualität lehren. Alle Regeln auf dem Weg sind jedoch nur Hilfsmittel, um das Ziel der Vereinigung mit dem Göttlichen selbst zu erreichen.

Die Tiefe eines Sahaja Yogis hängt vom Grad seiner Hingabe zu an das Göttliche ab. Nur diese Hingabe vermag die Mauern des Ego zu überwinden. Alle anderen Anstrengungen füttern nur das Ego, welches eine immer subtilere Natur annimmt und dadurch immer schwerer erkennbar und angreifbar wird. Dazu ist es erforderlich, dass man mit Hilfe der Meditation den scheinbar nie enden wollenden Gedankenstrom zur Ruhe bringt. Die eigene Erfahrung mit der alles durchdringenden Kraft muss sich so weit manifestieren, dass sich die individuelle Seele ohne Hindernis mit dem Göttlichen in Verbindung setzen und eins mit ihm werden kann.

Das Meisterprinzip

Auszug einer Rede von Shri Mataji Nirmala Devi, Guru Puja 1992, in Cabella/Italien

Ein Meister zu sein ist ein Zustand, kein Status. Ein Status kann an jemanden verliehen werden, aber ein Zustand bedeutet, dass man seine Persönlichkeit so weit entwickelt hat, dass man zum Meister wird.

Die sieben Stufen zur Meisterschaft:

Wir müssen unser eigener Meister sein und folglich über Versuchungen wie Lust und Gier hinauswachsen. Damit die göttliche Kraft durch uns arbeiten kann, müssen unsere Kanäle vollkommen rein sein.

Außerdem müssen wir fähig sein, im gedankenfreien Bewusstseinszustand zu verweilen. In diesem Zustand können wir sehen ohne zu denken und dadurch werden wir der Zeuge (Sakshi). Wenn wir etwas in gedankenfreiem Zustand beobachten, können wir das Wissen des Gesehenen absorbieren. Es besteht kein (gedankliches) Hindernis um es aufzusaugen. Es wird es zu unserem eigenen Wissen und manifestiert sich als Freude.

Ferner müssen wir unsere Schwerkraft (Anm.:das Gewicht/die Bedeutsamkeit unseres Charakters, der Würde und des Benehmens) manifestieren. In diesem Zustand werden wir ganz still und unsere (qualitative) Schwerkraft wirkt wie ein Magnet. Dazu müssen wir die Tiefe in uns berühren, welche die göttliche Kraft befördern und in uns manifestieren kann. Ohne im Außen etwas zu sagen oder zu tun, manifestiert sich unsere Kraft. So arbeitet das Göttliche in uns.

Weiters müssen wir Innenschau betreiben, um die nötige Selbstachtung zu erlangen.
Wir haben

- Kräfte der Liebe
- Kräfte des Mitgefühls
- die Kraft Dinge zu verstehen
- kreative Kräfte
- die Kraft anderen die Selbstverwirklichung zu geben
- die Kraft die Menschheit zu retten

Dazu müssen wir wissen, dass wir Meister sind und unsere Kräfte auch gebrauchen.

Zuerst müssen wir den Zustand der inneren Stille in uns etablieren. Stehen wir einer schwierigen Situation gegenüber, sollten wir fähig sein diese Mitte, die Achse der Stille in uns, zu erreichen. Nur dadurch werden wir wirklich kraftvoll. Wir verweilen nicht nur in unserer eigenen Stille, sondern in der Stille des Kosmos. Gleichzeitig sind wir in diesem Zustand in Verbindung mit der göttlichen Kraft, welche nicht nur den gesamten Kosmos ausarbeitet, sondern auch durch uns selbst. Diese Stille ist ein verlässliches Zeichen, dass wir mit unserem Bewusstsein im Königreich Gottes verweilen und Gott die Verantwortung über uns übernimmt.

Das Meisterprinzip verleiht uns Gleichgewicht. Grundsätzlich ist ein Meister von Natur nicht asketisch. Dennoch er ist von der materiellen Welt so losgelöst, dass er zum Asketen wird. Nichts kann ihn in Versuchung bringen. Nichts kann ihn aufregen oder beunruhigen, weder Essen noch Geld oder Macht. Nichts kann einen wahren Meister beherrschen. Haben wir einmal diese innere Balance erreicht, werden wir absolut furchtlos und wissen, dass uns nichts mehr hinabziehen kann, weil wir über diesen Dingen stehen.

Ein Sahaj-Guru ist ein mütterlicher Guru. Ein milder Meister. Er unterscheidet sich von den klassischen Gurus, da er seine Kräfte der Liebe, des Mitgefühls und Verständnisses anwenden muss. So wie wir uns selbst von der gewöhnlichen menschlichen Bewusstseinsebene auf eine höhere Ebene eines Sahaj-Bewusstseins entwickeln, müssen wir diese Qualitäten an andere weitergeben. Härte gegenüber anderen ist nicht gefragt. Vielmehr jedoch Qualitäten wie Güte, Freundlichkeit, Verständnis, Geduld und Süße.

In Sahaja Yoga gibt es so etwas wie eine kollektive Meisterschaft. Dazu müssen wir unsere Kräfte annehmen und unsere mangelnde Selbstachtung verbessern. Das aus der Verbindung mit dem Göttlichen erlangte Wissen verleiht Bescheidenheit, vergleichbar mit den Früchten eines Baumes, welcher sich unter der Last dieser Früchte (ver-)beugt. Nur diese Bescheidenheit verleiht uns die Fähigkeit die Herzen der Menschen zu erobern. Im Vertrauen, dass Gott der Allmächtige eins mit uns wird, werden wir so zu Aposteln der Wahrheit.

Wird dieses Vertrauen in Gott einmal vollkommen und wissen wir gleichzeitig, dass wir seine Boten sind – dann haben wir den Zustand des Gurupada erreicht.