eknath

Eknath (1533 - 1599 n.Chr.)

Eknath war einer der bedeutendsten Heiligen in der von Jnanadeva begründeten Linie des Vaarakari Sampradaya. Geboren 1533 in Paithan, Indien verlor Eknath schon sehr früh seine Eltern und wurde in Pandharpur von seinen Großeltern aufgezogen.

Seine große Sehnsucht nach Gott fiel bereits auf, als der Junge erst zwölf Jahre alt war und man ihn häufig inbrünstig im Shiva Tempel beten sah. Eines Tages hörte Eknath eine Stimme, die ihm auftrug, sich zu einem Meister namens Janardhanpant, einem Schüler des großen Urmeisters Shri Datta, zu begeben. Eknath machte sich sofort auf den Weg und vergaß in seiner überschwänglichen Freude sogar sich von seinen Großeltern zu verabschieden.

Der berühmte Meister erkannte die Vortrefflichkeit des Jünglings und begann sofort mit seiner spirituellen Erziehung. Sie umfasste eine strenge Ausbildung in Yoga, Bhakti und den heiligen Schriften. Darüber hinaus schenkte ihm der Meister die Liebe eines Vaters, einer Mutter und die eines Freundes. Janardhanpant war nicht nur ein Seher sondern auch ein grosser Visionär. Er integrierte das spirituelle und weltliche Prinzip in der Erziehung seines Schülers. Gewöhnlich kümmerte sich Eknath im Dienste seines Gurus um alle Angelegenheiten des Haushalts. Als er eines Abends einen Fehler in der Abrechnung entdeckte, ging er die gesamten Aufzeichnungen bis spät in die Nacht hinein immer wieder durch. Janardhanpant, welcher freudig die große Konzentration seines Schülers beobachtet hatte, trug ihm auf, seine Aufmerksamkeit in der gleichen Weise auf Gott zu richten.

Gemäß dem Wunsch seines Gurus heiratete Eknath ein Mädchen namens Girijabai und führte in der Folge das Leben eines Haushalters. Er betrachtete diese Lebensform als ideale Grundlage für den spirituellen Aufstieg, da er der Ansicht war, dass Güte und nicht Weltentsagung Voraussetzung für den spirituellen Aufstieg sei. Als Beispiel für das richtige Maß verglich er den Körper gerne mit der Behandlung eines Pferdes: „Wenn man ihm kein Futter gibt, dann wird es schwach und unfähig einen Reiter zu tragen. Überfüttert man es, wird es ausgelassen und widerspenstig den Reiter abwerfen. Man sollte das Pferd daher weder hungern lassen noch überfüttern. Alles sollte im richtigen Maß gehalten werden.“

Seine spirituellen Erfahrungen und den Weg der Tugend drückte der Heilige in wunderschönen Kirtans aus, welche auch heute zum wichtigsten Musikerbe Maharashtras gehören. In dem Lied Jogava, welches auch noch heute in indischen Dörfern gesungen wird, lobpreist er die Göttin, durch deren Verehrung der Bhakta vollkommene Erkenntnis und Wissen erlangt.

Eknath war ein bedeutender Schriftsteller, dem es gelang, nach Jnanadeva die Marathi-Literatur wieder zu beleben. Zahlreiche
Abhangas und Bharudas stammen von ihm. Als sein Hauptwerk gilt das Eknath Bhagavate, ein Kommentar zum 11. Kapitel der Bhagavata Purana in Marathi. Er begann 1570 und beendete die Abhandlung mit über 18000 Ovis (Versmaßen) 1573. In diesem Werk betont Eknath die Bedeutung des hingebungsvollen Singens der Namen Gottes (Kirtana), dem Gedenken dieser Namen (Namasmarana) und der Meditation (Dhyana) darüber. Weiters beschreibt er die neun traditionellen Glieder des Bhakti-Marga1, Navangani genannt, und führt darin Beispiele verschiedener Heiliger an.

In seiner einfachen Sprache vermochte er das Volk gut zu erreichen. Die Übersetzungen der heiligen Sanskrit-Texte in die Mundart empörten jedoch die eifersüchtigen Brahmanen, welche um ihren Einfluss fürchteten. Das ging so weit, dass eines Tages der oberste
Sannyasin der Stadt Varanasi den Heiligen zu sich befahl, um ihn zu bestrafen. Mit Bescheidenheit und Liebe vermochte Eknath jedoch das Blatt zu wenden, als er der Vorladung nachkam und zu dem hinter einem Vorhang befindlichen Sannyasin sprach:

„Oh großer und mächtiger Swami, ehrfürchtig lege ich meinen Kopf zu euren Füßen. Erlaubt mir, einem hilflosen Menschen, euch sehen zu dürfen. Wenn ich Fehler begangen habe, dann verzeiht mir bitte. Mein schwacher Intellekt begreift Sanskrit nicht. Ich weiß, dass meine Hingabe gering ist und ich ungebildet und ohne Wissen bin. Nur durch den Dienst an euresgleichen konnte ich etwas Inspiration erlangen, um einen Kommentar zur Bhagavata zu schreiben. Ich bitte Euch, meine Darlegung zu begutachten und in den Fluss zu werfen, wenn sich darin Fehler finden sollten. Seid also bitte so freundlich und mäßigt euren Zorn.“ Die demütige Anrede rührte die Seele des Asketen und als er den Vorhang zur Seite zog und auf Eknath blickte, erlangte er seine Selbstverwirklichung.

Die Einzigartigkeit Eknaths lag darin, dass er die Lehren der Vedanta
6 mit dem Sufismus zu verbinden verstand. Als streng gläubiger Gurubhakta schrieb er unter dem Namen Eka-Janardana, was soviel wie der Erste (Eka) Schüler Janardanas bedeutet. Seine Reime sprühen vor geistreichem Witz ohne jedoch sarkastisch zu sein. Diese Synthese aus Mitgefühl und Humor sollte später die Basis für Drama und Literatur in Marathi werden. Eknath sprach nicht von einem Leben in einer anderen Welt, sondern beschäftigte sich damit, wie man ein einfaches Leben in Übereinstimmung mit dem Gesetz des Dharma führen und dennoch Gott verwirklichen könne. Er erkannte, dass ein innerer Konflikt unweigerlich zu einem äußeren Konflikt führt und es solange keinen Frieden in der Welt geben kann, bis der Mensch den inneren Frieden verwirklicht hat. Seine Hingabe und Disziplin waren ein Vorbild und zeigten wie man den inneren Frieden erlangen kann. Dazu vertraute er darauf, dass mit Gottes Segen alle menschlichen Schwächen in Gutes verwandelt werden können und das Individuum durch Hingabe und Disziplin inneren Frieden erlangen kann.

Eknath predigte selbstloses Handeln (
Nishkama Karma) als wahre Weltentsagung. Er behauptete, dass eine erleuchtete Seele sich nicht vor der Welt drücken wolle, sondern unnachgiebig für den Aufstieg der Mitmenschen arbeite und daher an der Größe ihres Mitgefühles erkennbar sei. Zu Pilgern sagte er einmal: „Warum sollte man zu den heiligen Stätten pilgern, wenn das Gemüt rein ist? Ist das Herz rein, kann man Gott überall sehen. Samadhi bedeutet keinen Bewusstseinsverlust oder eine starre, bewegungslose Körperhaltung, sondern das Etablieren eines Zustandes in welchem man sich an der immerwährenden göttlichen Erfahrung erfreut.“

Die Barmherzigkeit Eknaths machte vor den Grenzen der Kasten und Glaubensbekenntnisse nicht halt. Er gab Kastenlosen zu essen und einmal brach er sogar sein Fasten im Haus eines Unberührbaren. Zu jenen, die zu Leid und Hoffnungslosigkeit verdammt sind, sagte er, dass sogar den abscheulichsten Sündern vergeben würde, wenn sie den Weg zu ernstem Bhakti fänden. Dazu gibt es eine interessante Anekdote: Als eines Tages Diebe in das Haus des Heiligen schlichen, verfielen sie plötzlich Halluzinationen und standen auf einmal vor Eknath. Erschrocken warfen sich die Langfinger reumütig dem Hausherrn zu Füßen, der jedoch darauf bestand, dass die Einbrecher etwas Wertvolles aus seinem Haus mitnehmen müssten.

So wie sein Herz stand auch sein Haus für alle offen. Einmal klopften spät nachts Fremde an seiner Tür. Als er sah, dass sie hungrig waren, weckte er seine Frau, damit sie ein Mahl für sie bereite. Unglücklicherweise war kein Feuerholz im Haus und so verwendete er kurzerhand den Holzboden um ein Feuer zu entfachen. Einmal wollte Eknath einem alten Brauch folgend heiliges Wasser in einem Tempel der dortigen Deität anbieten. Nachdem er den Krug gefüllt hatte, machte er sich auf die Pilgerfahrt und trug das Wasser den langen Weg nach Dwarika. Kurz vor seinem Ziel sah er einen Esel, der am Verdursten war und wohl eingegangen wäre, hätte er ihn nicht getränkt. Eknath gab dem Tier das gesamte Wasser und die Leute sagten später: „Hast du etwa das heilige Wasser den ganzen Weg getragen, um es kurz vor dem Tempel einem Tier zu geben?“ Darauf antwortete der Heilige: „Wisst ihr nicht dass Gott selbst auf die Erde gekommen ist. Er war durstig und so habe ich Ihm das Wasser gegeben.“

Ein anderes Mal wurde Eknath von einem Mann bespuckt. Der Heilige begab sich sogleich zum Fluss um sich zu reinigen. Als er von seinem Bad zurückkam, bespuckte ihn der Schurke wieder. Also ging Eknath wieder zum Fluss. So ging das über einhundert Mal, bis der Schuft seine Torheit erkannte und den Heiligen um Verzeihung bat. Eknath sah die Angelegenheit mit dem für ihn typischen Humor und bedankte sich bei dem Schurken, dass er ihn genötigt habe, so oft im heiligen Fluss zu baden.

Eine andere Geschichte erzählt von einem Leprakranken, der in einer Vision sah, dass ihn Eknath heilen werde. Eknath tropfte dem Leidenden etwas Wasser, welches er zuvor gesegnet hatte, in die Hand und der Mann wurde geheilt.

Obwohl Eknath ein glühender Verehrer Shri Vitthalas war, betrachtete er Brahman als die einzig wahre Realität und die Welt als eine Manifestation des Nichtwissens. Er sah dieses Nichtwissen, Maya genannt, als Projektion des Höchsten Absoluten und erklärte, dass die individuelle Seele und die universelle Seele letztlich identisch seien. Man stelle sich die Individualseele (Jiva) als Reflexion Gottes im beschmutzten Spiegel des Nichtwissens vor. Erst wenn der Spiegel vollkommen rein ist, wird der Mensch zum erleuchteten Wesen. Der Unterschied zwischen beiden Seelenzuständen besteht nur infolge der Maya, vergleichbar mit Wellen, welche verschiedene Formen annehmen, aber immer aus Wasser bestehen.

Erkennt das Individuum seine Einheit mit dem allumfassenden Bewusstsein, verschwindet die Täuschung, die Maya wie ein Tropfen, der in den Ozean zurückfällt. Es wird zum Jivanmukta, zum Lebendbefreiten, zu einem der sich seiner Einheit mit dem Göttlichen ständig bewusst ist, obwohl er in dieser Welt lebt. Es gibt für ihn nichts mehr zu tun oder zu erreichen und alle Konzepte von „ich“ und „du“ fallen ab.

Eknath beschreibt das
Atma als Sat-Chit-Ananda (Wissen, Aufmerksamkeit und Seligkeit), meint jedoch damit nicht drei voneinander getrennte Qualitäten sondern eine Integration derselben. Das Atma ist weder geboren noch stirbt es, es ist losgelöster Zeuge ohne jegliche Eigenschaften oder Nicht-Eigenschaften. Dieser alles durchdringende Spirit ist die einzige, beständige Wirklichkeit und das Konzept der Sterblichkeit besteht nur solange, wie man sich selbst mit dem sterblichen Körper und dieser Welt identifiziert. Nach der Selbstverwirklichung fällt dieses Konzept ab.

Reine Liebe für andere kann man erst dann empfinden, wenn die Hülle des Egos abfällt. Das Ego hindert uns daran, das Göttliche in jedem Menschen zu sehen. In Erkenntnis dieser Wahrheit dient eine realisierte Seele liebevoll der Menschheit.

Eknath akzeptierte sowohl den Pfad des Wissens (
Jnana-Yoga) als auch jenen der Tat (Karma-Yoga) als gangbaren Weg zur Erlösung, war sich aber der Schwierigkeiten für den Durchschnittsmenschen bewusst. Nur allzu schnell schleicht sich bei diesen Wegen das Ego ein und lässt einen glauben, man sei der Handelnde. Auf dem Pfad des Bhakti-Yoga besteht diese Gefahr weitaus weniger, da ohne wirkliche Liebe kein Bhakti möglich ist. „Durch die Gnade des Satguru hast du das Wissen vom Atma erlangt – aber erinnere dich, dass Saguna-Bhakti unabdingbar ist. Mit Disziplin überwinden die Yogis ihre Sinne und erreichen große Kräfte, aber ohne Bhakti und Liebe können sie den Segen der göttlichen Vereinigung nicht erfahren.“

Eknath unterschied zwei Formen des Bhakti in Bezug auf Saguna Brahman: eine sozusagen als Selbstzweck und die zweite als Hilfsmittel. Die Advaita-Tradition identifiziert sich allgemein mit der zweiten Form, indem sie sagt, dass die Meditation auf eine göttliche Form nicht zu vollkommenem Moksha sondern nur zu Karma-Mukti, der teilweisen Befreiung führt. Dennoch wird eine Person die Karma-Mukti erlangt vom Zyklus der Geburten, Tode und Wiedergeburten befreit.

Eknath sagte, dass alles Wissen aus dem Bauch des Bhakti strömt: „Bhakti die Wurzel der Erkenntnis. Wenn da keine Wurzeln sind, wie sollte es dann Früchte geben?“ Er schuf eine neue Dimension des Bhakti, indem er seine Liebe auf alle Lebewesen ausdehnte. Als er sich eines Tages am Fuße des Berges Sulaba in tiefer Versenkung befand, wollte ihn eine Kobra töten. Als die Schlange sich aufrichtete, um den Heiligen zu beißen, verließ die böse Natur ihren Körper und das Vakuum füllte sich mit Liebe. Anstatt ihn zu töten, spreizte nun die Schlange ihre Haube über dem Haupt Eknaths, um ihn während seiner Meditation vor der sengenden Sonne zu schützen. Als ein Bauer, der dieses Wunder beobachtet hatte, dem Heiligen erzählte was er gesehen hatte, schuf dieser spontan ein Abhanga:

„Der Tod kam um mich zu stechen,
aber er verwandelte sich in Mitgefühl
und nun kenne ich ihn gut
denn der Spirit ist auf den Spirit getroffen.
Obgleich im Körper, war mein Körperbewusstsein verschwunden
und so verlor selbst der Tod seine Macht.
Eka Janadan tanzt nun zu seinen Füßen,
zur Melodie von „kein Geschmack von Leben oder Tod“.

Er sang dieses Lied mit solcher Begeisterung, dass alle, die sich ihm anschlossen in Ekstase gerieten und in Meditation das Denken transzendierten. So zeigte er den Menschen, dass erleuchtetes Bhakti der höchste Weg zu Gott ist.

Eknaths Bhagavata machte die
Vedanta- Philosophie weithin bekannt. Shri Ranade, ein moderner Historiker bemerkt dazu: „Mit Jnanadeva regierte die Philosophie in den Wolken, aber mit Eknath kam sie auf die Erde herunter, um unter den Menschen zu wohnen.“


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1 Bhakti: skrt. ‚Liebe zu Gott, Hingabe an den Guru und das erwählte Ideal’. Im Gegensatz zur philosophischen Richtung der Advaita Vedanta, führt bei Bhakti-Marga der Weg zur Erlösung über die liebende Hingabe und Anbetung eines persönlichen Gottes.
2 Kirtan: Hingebungsvolles Singen der Namen Gottes.
3 Abhangas: Heilige Schriften oder Lieder zur Verehrung Gottes; durchgehende Verse mit Ausdehnung auf das berühmte Ovi-Metrum.
4 Bharudas: kurze Gedichte, die eine weltliche und eine spirituelle Bedeutung haben.
5 Sannyasin: Ein Mensch der der Welt entsagt hat und in völliger Besitzlosigkeit lebt, nur auf die Verwirklichung der Befreiung ausgerichtet.

6 Advaita Vedanta: Unpersönliche Gotteslehre; eines der drei Denksysteme des Vedanta, dessen wichtigster Vertreter Shankara ist. Der Advaita-Vedanta lehrt, dass die gesamte Erscheinungswelt, die Seele und Gott identisch ist. So wie die moderne Physik bei der Untersuchung der subatomaren Teile herausfand, dass Materie aus ständig in Bewegung befindlichen Kraftfeldern von Energie besteht, so erkannten die Weisen (Rishis) des Advaita, dass die Wirklichkeit aus Energie in Form von Bewusstsein (Chitta) besteht und der Mensch durch ego-bedingte Körperidentifizierung mit grobstofflichen Sinnesorganen ein grobstoffliches Universum wahrnimmt. Etwas Wirkliches, Unveränderliches wird vom Denken überdeckt (Vikshepa) mit der Vorstellung einer sich ständig verändernden Erscheinungswelt aus Namen und Formen (Namarupa).
7 Dharma: skrt. wörtl. „tragen, halten“ – umfassender Begriff für „das was unser wahres Wesen ausmacht“, Rechtschaffenheit. Die Grundlage der menschlichen Moral und Ethik.
8 Erzählt von Shri Mataji Nirmala Devi am 17.12.1988
9 Atma: das wirkliche, unsterbliche Selbst des Menschen, das der Westen als Seele bezeichnet.
10 Saguna Bhakti: die Verehrung Gottes in einer für den Mensch vorstellbaren Form.
11 Saguna Brahman: das Göttliche, sobald es Form angenommen hat.
12 Moksha: Befreiung aus dem Kreislauf der Geburten, Tode und Wiedergeburten.